Stromkosten für E-Rolli müssen erstattet werden !

Kassel. (AP) - Versorgungsämter und gesetzliche Krankenkassen müssen Behinderten die Stromkosten für elektrisch betriebene Rollstühle erstatten. In einem am Montag veröffentlichten Urteil entschied der neunte Senat des Bundessozialgerichts in Kassel, die Versorgungsträger hätten die Verpflichtung, Hilfsmittel für Behinderte in Stand zu halten. Es gehöre mit zur Heilbehandlung, dass die Kosten für den beim Wiederaufladen der Rollstuhl-Akkus verbrauchten Strom übernommen würden.

Der Kläger, ein 86-jähriger Mann mit einer Kriegsverletzung, hatte beim Versorgungsamt Hildesheim beantragt, dass ihm die Stromkosten zum Aufladen seines Elektro-Rollstuhls in Höhe von monatlich durchschnittlich 22 Mark erstattet werden sollten. Das Versorgungsamt lehnte dies ab und forderte den 86-Jährigen auf, die relativ niedrigen Stromkosten von seiner Rente zu bezahlen. Demgegenüber erklärten die Richter in Kassel, nach dem Gesetz seien nicht nur die Krankenversicherungen, sondern auch die Versorgungsämter im Rahmen der Heilbehandlung zur Übernahme der Stromkosten verpflichtet

Auszug aus dem Grundgesetz und Bundessozialhilfegesetz

Artikel 1 GG
Schutz der Menschenwürde
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Artikel 2 GG
Freiheit der Person
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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Artikel 3 GG
Gleichheit vor dem Gesetz
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Artikel 6 GG
Ehe und Familie
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.

Artikel 11 GG
Freizügigkeit
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden (...)

Artikel 13 GG
Unverletzlichkeit der Wohnung
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zu Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Aussonderungshilfsmittel gegen behinderte Menschen
Messlatten für ein Leben in Freiheit

In unserer Gesellschaft macht sich zunehmend die Tendenz bemerkbar, die Leistungen für Assistenz behinderter Menschen nur noch dann mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren, wenn diese entweder berufstätig oder Insasse einer Behinderten- oder Pflegeanstalt sind. Dieser Zustand droht in der Gesetzgebung, sei es dem SGB IX oder im Gleichstellungsgesetz, trotz des Vorrangs der ambulanten Assistenz in allen bisherigen Gesetzen zementiert zu werden

Der § 3a des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) ist zur Existenzgrundlage "freilebender" Menschen mit Assistenzbedarf geworden:

§ 3a BSHG
Vorrang der offenen Hilfe
Die erforderliche Hilfe ist soweit wie möglich außerhalb von Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen zu gewähren.
Dies gilt nicht, wenn eine geeignete stationäre Hilfe zumutbar und eine ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen.

Bis zum 26. Juni 1996 galt § 3a BSHG mit dem ersten Satz. Dann wurden die beiden folgenden Sätze angefügt. Zum "Schutz" der "Altfälle" wurde § 143 BSHG eingefügt.

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§ 143 BSHG
Übergangsregelung für ambulant Betreute
Für Empfänger von Eingliederungshilfe für Behinderte oder Hilfe zur Pflege, deren Betreuung am 26. Juni 1996 durch von ihnen beschäftigte Personen oder ambulante Dienste sichergestellt wird, gilt § 3a in der am 26. Juni 1996 geltenden Fassung.

Unzumutbar ist eine stationäre Unterbringung schon allein deshalb, wenn sie gegen den Willen des betroffenen Menschen angeordnet wird. Hier geht die Schutzfunktion des neuen § 3a BSHG noch über die des alten hinaus. Sofern dies von anderen gegenteilig gesehen wird, betrachten wir dies als Rechtsbeugung. Denn Unzumutbarkeit kann und darf nicht vom "Zumutenden" oder anderen Dritten als solche interpretiert werden. Was für den Einzelnen unzumutbar ist, obliegt alleine dessen individueller Beurteilung!

Mit welchem Maß werden unverhältnismäßige Kosten ermittelt? Was ist ein Menschenrecht wert? Was sind dann mehrere Grundrechte wert? Hier von unverhältnismäßigen (Mehr-)Kosten zu reden bedeutet, das Recht auf Assistenz (z.B. nach dem Arbeitgebermodell) zu bestreiten, wenn dieses höhere Kosten als ein Aufenthalt in einer Anstalt verursacht.

Wer diesen Vergleich anstellt, muss wissen, dass für Insassen einer Behindertenanstalt eine Vielzahl von Verfassungsrechten zumindest teilweise außer Kraft gesetzt wurden. Nur dadurch ist es möglich, dass eine Behinderten- und Pflegeanstalt auf den ersten Blick preislich mit einer ambulanter Versorgung oder der persönlichen, selbstbestimmten Assistenz durch das Arbeitgebermodell konkurrieren kann.

Anstaltsbetreiber, die aufgrund der fälschlichen Zumutung einen Menschen gegen seinen Willen bei sich einquartieren, leisten nach unserer Ansicht Beihilfe zur Freiheitsberaubung!
Diese freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme verstößt gröblichst gegen unser Grundgesetz. Auch diesen Beweis will ich mit diesem Aufsatz antreten.

Mit dieser Zusammenfassung wollen wir die Menschenrechtsverletzungen gegenüber behinderten und alten Menschen, nicht nur in Behinderten- und Pflegeanstalten, aufzeigen und an den Pranger stellen. Ein Leben in Freiheit mit dem in einer Anstalt zu vergleichen, ist schlichtweg unmöglich. Daher ist auch jeder Preisvergleich absurd.

Artikel 1 GG
Schutz der Menschenwürde
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Die Würde ist antastbar: In einer Behinderten- oder Pflegeanstalt kann die Menschenwürde nicht gewahrt werden. Dazu fehlt es nicht nur an Personal, auch die Strukturen erlauben nicht, dass auf die Würde des Menschen Rücksicht genommen wird. Jeder Insasse wird von der- oder demjenigen ge- und verpflegt, die oder der gerade Zeit hat oder auf dem Dienstplan steht. Auf persönliche Befindlichkeiten, insbesondere auch dem Wunsch nach gleichgeschlechtlicher Pflege, wird selten Rücksicht genommen.

Isst der alte Mensch zu langsam, wird er über die Sonde ernährt. Braucht er Hilfen bei den Toilettengängen, werden Katheter gelegt und Windeln angelegt. Regt er sich über derlei Behandlungen auf, wird er mit Medikamenten ruhig gestellt oder gar im Bett fixiert. Beispiele hierfür gibt es zu Hunderttausenden.

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Artikel 2 GG
Freiheit der Person
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit sind in einer Anstalt enge Grenzen gesetzt. Man steht auf, wenn gerade eine Pflegeperson Zeit hat. Gleiches gilt bei Toilettengängen, beim Zubettgehen und bei vielen anderen Dingen des täglichen Lebens mehr. Hilfe außerhalb der Anstalt gibt es selten. Daher ist auch der Bewegungsspielraum der Insassen knapp bemessen.

Dem Anstaltsinsassen wird sein gesamtes Einkommen genommen. Was bleibt, ist ein Taschengeld. Auch ein evtl. vorhandenes Vermögen (z.B. ein bis dahin selbst bewohntes Eigenheim) wird bis auf einen geringen Rest für die Finanzierung der Anstaltskosten eingesetzt. Ein derart wirtschaftlich gegen Null gefahrener Anstaltsinsasse kommt schwerlich auf den Gedanken, es nochmals mit dem Leben in Freiheit zu probieren. Er könnte nicht mal die erste Mietkaution bezahlen.

Artikel 3 GG
Gleichheit vor dem Gesetz
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

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Wolfgang Schäuble hat gewusst, was er sagte, als er diese Erweiterung des Artikels 3 als Prosa bezeichnete. Er wusste, dass weder die Befürworter noch die Ablehner der Verfassungsänderung damals die Absicht hatten, diesen hehren Worten gesetzgeberische Taten folgen zu lassen. Selbst die jetzt ins Auge gefassten Gesetze (SGB IX und Gleichstellungsgesetz) lassen befürchten, dass sich für assistenznehmende Menschen keine oder kaum Verbesserungen ergeben.

Artikel 6 GG
Ehe und Familie
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.



Artikel 11 GG
Freizügigkeit
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden (...)

Hat sich ein assistenznehmender behinderter Mensch an seinem Wohnort mit dem Sozialamt auf eine Erstattung seiner Assistenzkosten geeinigt bzw. die Kostenübernahme erstritten, tut er gut daran, diesen Wohnsitz nie aufzugeben. Wir kennen Menschen, deren Voranfragen an das neue zuständige Sozialamt durchweg freundlich und wohlwollend, aber unbestimmt und ohne Rechtscharakter beantwortet wurden. Nachdem der Umzug erfolgte, hat das neue Sozialamt alle Anträge abgelehnt.
Das BSHG bedeutet zwar Bundesrecht, der kleinste Sachbearbeiter einer Behörde ist jedoch zunächst in seiner Entscheidung autonom. Wer also selbst kein Verwaltungsrechtsspezialist ist oder keinen starken Verein wie das ForseA im Hintergrund hat, dem bleibt nur noch die Suche nach einem guten Rechtsanwalt. Und die sind auf diesem Gebiet dünn gesät.

Artikel 13 GG
Unverletzlichkeit der Wohnung
(1) Die Wohnung ist unverletzlich

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zu Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

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