Chronisch Kranke dürfen kein Marihuana anbauen oder kaufen

Köln (dpa) - Chronisch kranke Menschen dürfen Cannabis oder Marihuana nicht für therapeutische Zwecke anbauen oder kaufen. Mit dieser Entscheidung wies das Kölner Verwaltungsgericht Klagen von fünf Patienten ab, die an Aids, Multipler Sklerose oder Morbus Crohn leiden.

Diese hatten eine Ausnahmegenehmigung erwirken wollen. Für einzelne Kranke erlaube das Betäubungsmittelgesetz jedoch keine Ausnahmen, urteilte das Gericht. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Klagen hat das Gericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Münster zugelassen.

Für die Therapie sei es zumutbar, auf verschreibungsfähige Medikamente zurückzugreifen, die den Hauptwirkstoff von Cannabis enthalten. Falls die Krankenkasse dafür die Kosten nicht übernehmen wollten, könnten die Kläger vor ein Sozialgericht ziehen, hieß es in der Urteilsbegründung.

Mit dem Rauchen von Marihuana hatten die Patienten nach eigener Darstellung ihre Beschwerden erheblich lindern können. Cannabis und Marihuana gehören zu den Betäubungsmitteln und dürfen laut Gesetz nicht von Ärzten verschrieben oder abgegeben werden. Nur für wissenschaftliche oder andere öffentliche Zwecke werden Ausnahmegenehmigungen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erteilt. (Aktenzeichen: 7 K 1023/01, 7 K 1979/01, 7 K 8281/01, 7 K 36/02, 7 K 8135/02).

Nicht jeder Schwerbehinderte darf auf Behindertenparkplatz

Mainz (dpa) - Nicht jeder Schwerbehinderte darf auf einem Behindertenparkplatz parken. Voraussetzung sei, dass der Betroffene sich außerhalb seines Wagens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann, heißt es in einem des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland- Pfalz in Mainz (Az.: L 4 SB 176/00).

Die Behindertenparkplätze seien grundsätzlich Personen vorbehalten, die «außergewöhnlich gehbehindert» sind. Das Gericht wies mit seinem Urteil die Klage eines Schwerbehinderten ab. Der Kläger forderte die Anerkennung als außergewöhnlich Gehbehinderter. Er müsse sein Fahrzeug auf den breiteren Behindertenparkplätzen abstellen, da er nur bei weit geöffneter Wagentür aussteigen könne, argumentierte er.

Dem LSG reichte dies für die Anerkennung jedoch nicht. Wer nur aus einem PKW aussteigen könne, indem er gleichzeitig beide Füße heraushebe, sich dann aber alleine fortbewege, sei nicht außergewöhnlich gehbehindert.

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Unterhaltspflicht trotz Schwerbehinderung

Saarbrücken (dpa) - Für Schwerbehinderte gilt auch dann die gesetzliche Unterhaltspflicht, wenn der Behinderungsgrad 100 Prozent beträgt. Der Betroffene bleibe verpflichtet, seine Arbeitskraft entsprechend seiner Vorbildung, seinen Fähigkeiten und den Arbeitsmarktverhältnissen so gut wie möglich einzusetzen, entschied das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken. (Az: 6 UF 64/01).

Das Gericht verurteilte mit seinem in der Zeitschrift «OLG-Report» veröffentlichten Beschluss einen geschiedenen Mann, an seinen Sohn weiterhin Unterhalt zu zahlen. Der Vater hatte sich gegen seine Unterhaltsverpflichtung unter anderem mit der Begründung gewandt, er sei inzwischen infolge einer Erkrankung zu 100 Prozent schwerbehindert. Er habe daher seinen Beruf als Krankengymnast aufgeben müssen und sei mithin auch wirtschaftlich nicht mehr leistungsfähig.

Das OLG folgte dieser Argumentation nicht. Die Richter räumten zwar ein, dass der Mann schwerbehindert sei und auch derzeit Sozialhilfe beziehe. Dies entbinde ihn aber nicht von der Pflicht, sich um Arbeit zu bemühen. Er sei vielmehr auch als Schwerbehinderter verpflichtet, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen.

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Kaum Adoptiveltern für behinderte Kinder zu finden

Köln (dpa/lnw) - Marie (3) und Lily (1) sind fröhlich, quirlig, neugierig. Sie haben das Down-Syndrom - und eine seltene Chance erhalten: Die beiden Mädchen wurden von einem Ehepaar aus Leichlingen nahe Köln adoptiert. Für behinderte Kinder Adoptiveltern zu finden, sei extrem schwierig und selten, erklärt die Vorsitzende des Bundesverbands für Pflege- und Adoptivfamilien (PFAD), Ines Kurek- Bender.

«Jeder will einen gesunden Säugling.» Schon bei nicht-behinderten Kindern werde die Vermittlung nach dem vierten Lebensjahr problematisch, bei behinderten spätestens dann fast aussichtslos.

Seit fast zehn Jahren ist die Zahl der Adoptionen in Deutschland rückläufig. Waren es 1992 noch rund 8400 Adoptionen bundesweit, zählte die Jugendhilfe-Statistik 1999 noch knapp 6400, erklärt Markus Schnapka, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter in Köln. Der abnehmende Trend hat sich nach Experten-Meinung bis 2001 fortgesetzt, wenn auch exakte Zahlen noch nicht vorliegen. Zwar kommen damit derzeit rein rechnerisch immer noch 13 Bewerber-Eltern auf ein Kind (1992:19). Die meisten sind aber nicht bereit, ein behindertes Kind aufzunehmen. Eine gesonderte Statistik wird dazu nicht geführt.

«Eltern, die ein behindertes Kind aufnehmen, müssen ein starkes Rückgrat haben», sagt Schnapka. Die psychische und oft auch finanzielle Belastung sei enorm. Die Jugendämter versuchten in der Regel, Dauerpflege-Eltern zu finden, deren Verpflichtungen nicht so weit reichten wie bei Adoptiveltern. Der Staat trage in diesem Fall die häufig notwendigen hohen Pflege- und Therapiekosten für die Kinder. Zwar gebe es nicht viele derartige Familien-Beziehungen. «Ich kenne aber sehr gute und stabile Dauerpflege-Verhältnisse», sagt Schnapka.

Eine fachliche Betreuung der Adoptiv- und Pflegefamilien ist sehr wichtig. Schon die Adoptiveltern gesunder Kinder nehmen ein schwierige Aufgabe auf sich, wie Kurek-Bender erklärt. «Die Kinder haben oft massive Minderwertigkeitsgefühle, fragen sich immer wieder, war ich so schrecklich, dass ich abgegeben wurde?» Schon im Kindergartenalter komme die Frage «Wer hat Dich verschenkt?» oder «Wie teuer warst Du?» Die Aufnahme eines geistig oder körperlich behinderten Kindes sei eine noch weitaus größere Herausforderung. Eine geeignete Vorbereitung oder Begleitung durch die Jugendämter sei aber selten, in vielen Kommunen fehlten die Mittel.

Es gibt zwar keinen Rechtsanspruch auf Betreuung und Hilfe durch die Jugendämter. Verbesserungen werden aber von dem neuen Adoptions- Vermittlungsgesetz erwartet. Es schreibt Schnapka zufolge zwei Fachkräfte pro Vermittlungsstelle vor und ermöglicht die Zusammenlegung kleinerer Jugendämter mit schwachen Finanzressourcen.

«Der zusätzliche Pflegeaufwand und Zeitaufwand ist da, natürlich, aber wir haben kein Problem damit», sagt die berufstätige Adoptivmutter von Marie und Lily, Martina Zilske. «Wir konnten uns gut ein Kind mit Down-Syndrom vorstellen, weil diese Kinder so offen, so direkt und fröhlich sind.» Beide Mädchen waren wenige Wochen alt, als sie aus einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern und aus Köln zu ihren neuen Eltern kamen. Marie hat zusätzlich einen grauen Star auf einem Auge, Lily leidet unter eine verminderten Muskelspannung im Schultergürtel-Bereich. Zilske kritisiert, dass Behinderte als Last angesehen werden, statt als Bereicherung. Zugleich rät aber die Musikschullehrerin: «Wer sich nur aufopfern will, nur Gutes tun will, ist auf dem falschen Dampfer und wird es vielleicht nicht schaffen. Man sollte auch eine egoistische Motivation haben, Freude und Spaß an der Sache.» Sie und ihr Mann haben ihre Entscheidung nie bereut: «Unser Leben ist schöner geworden.»

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