Gesetzentwurf zur Gleichstellung: "wirklicher Quantensprung"

Berlin (dpa) Die rund 6,6 Millionen Schwerbehinderten in Deutschland sollen das Recht auf ein möglichst barrierefreies Leben bekommen. Erreichen will dies die Bundesregierung jetzt durch ein Gesetz, das die Gleichstellung von Behinderten zum Ziel hat.

Behindertenvertreter sprachen gestern in Berlin von einer wirklichen Veränderung. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.

"Wenn acht Prozent unserer Bevölkerung schwerbehindert sind, zeigt dies, dass Behindertenpolitik kein Randbereich politischen Handelns sein kann und darf", sagte Arbeits-Staatssekretärin Ulrike Mascher (SPD) bei der Vorlage der geplanten Neuregelung. Behinderte sollten nicht länger "nur auf die Fürsorge der Gesellschaft angewiesen sein."

Bereits Arbeitsplätze für viele Behinderte

Die Regierung habe deshalb "die Sieben-Meilen-Stiefel angezogen", sagte sie unter Hinweis auf die bereits gemachten Schritte in der Behindertenpolitik - wie das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter. Dies hat 20000 Behinderten einen neuen Arbeitsplatz gebracht. Ziel sind 50000 Vermittlungen.

Der Behinderten-Beauftragte der Bundesregierung, Karl Hermann Haack, sagte, Barrierefreiheit in Gebäuden und in Verkehrsmitteln solle künftig nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein. Behinderte würden damit "auf gleiche Augenhöhe" gestellt. Das Gleichstellungsgesetz bilde den "Schlussstein" der rot-grünen Behindertenpolitik. Nun seien auch die Länder in der Pflicht, einen positiven Beitrag zu leisten. Kostenschätzungen für die Umsetzung dieser Regelungen lehnte er aber ab.

Kernstück des Gesetzes ist die Schaffung barrierefreier Lebensbereiche. Dies umfasst nicht nur die schrittweise Beseitigung räumlicher Hindernisse für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte, sondern auch die barrierefreie Kommunikation für Hörbehinderte mit Hilfe von Gebärdendolmetschern. Auch öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen sowie die Flughäfen sollen behindertengerecht umgestaltet werden.

Grüne sprechen von einem Meilenstein

Für die Grünen nannte ihr behindertenpolitischer Sprecher Volker Beck den Entwurf einen "Meilenstein in der deutschen Behindertenpolitik". Andreas Jürgens vom Forum behinderter Juristen und Mitglied der Projektgruppe zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden. Es sei "ein großartiger Tag", die Behinderten stünden "vor einem wirklichen Quantensprung".

Der Präsident des Sozialverbands VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, sieht in dem dem Gesetz "einen großen Schritt zur rechtlichen Gleichstellung behinderter Menschen in der Gesellschaft". Die PDS begrüßte die Regelung. Sie mahnte aber ebenfalls, dass auch die Bundesländer das Projekt unterstützen müssten.

Stichwort

Gleichstellungsgesetz für Behinderte:

Eckpunkte des Entwurfes:

Bau und Verkehr: Alle neuen Dienstgebäude des Bundes müssen künftig rollstuhlgerecht sein. Schrittweise sollen auch Barrieren für Behinderte bei der Bahn, im Nah- und Luftverkehr abgebaut werden.

Informationstechnik: Die Benutzeroberfläche von Computerprogrammen soll so gestaltet werden, dass Sehbehinderte und Blinde Zugang zum Internet haben.

Hör- und Sehbehinderte: Hörbehinderte haben das Recht, im Verwaltungsverfahren mit allen Bundesbehörden in Gebärdensprache zu kommunizieren. Die Kosten tragen die Behörden.

Studium: Im Hochschulrahmengesetz soll ein allgemeines Benachteiligungsverbot zu Gunsten von behinderten Menschen geregelt werden. Durch die Gestaltung von Prüfungsunterlagen und Räumen soll für behinderte Menschen bei Prüfungen Chancengleichheit gewährleistet sein.

Wahlen: Blinde Menschen sollen künftig mit Hilfe von Schablonen bei Bundestagswahlen wählen können.

Zielvereinbarungen: Unternehmen und Verbände behinderter Menschen sollen in eigener Verantwortung Vereinbarungen treffen können, wie und in welchem Zeitraum Barrierefreiheit vor Ort konkret verwirklicht wird.

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Der Geistesblitz kam auf der Toilette!

Imgenbroich (an-o). Die nächste Generation von Toiletten soll schon bald die Welt erobern - ihr Erfinder Peter Wirtz kommt aus Imgenbroich. Der Unternehmer hat seinen zum Patent angemeldeten "WC-Lift" nun zur Serienreife gebracht.

Wer kennt nicht dieses Problem: Zum Sitzen während des Geschäfts ist "Mann" zu faul, beim Stehen gehen so manches daneben. Die Folge: Langes und mühevolles Klo-Putzen, worüber sich besonders "Frau" aufregt. Anders ist das bei der Firma "Peter Wirtz-Produktionstechnik" in der Imgenbroicher Industriestraße 6: Der Benutzer klappt die Brille auf, und mit einem surrenden Motorgeräusch fährt die ganze Schüssel in Urinalstellung hoch. Ohne schlechtes Gewissen können die Herren der Schöpfung stehenderweise ihr Geschäft verrichten.

"In die Toilette haben wir ein hydraulisches und ein elektrisches System eingebaut", so "WC-Lift"-Erfinder Wirtz. "Das hydraulische System sorgt dafür, dass die Toilette bei Aufklappen des Deckels sofort hochfährt." Zusätzlich kann das WC über zwei Tasten oder eine Fernbedienung stufenlos eingestellt werden. An der Unterseite befindet sich ein Ultraschall-Sensor - wenn beispielsweise Kinder im WC-Bereich spielen, reagiert der Apparat auf Bewegung und stoppt beim automatischen Herunterfahren.

"WC-Lift" neuer Standard

"Der WC-Lift soll zukünftig Standard in allen Gästetoiletten werden", so Wirtz, "auch für behinderte oder alte Menschen ist die Benutzung angenehm." Die Produktion in kleineren Stückzahlen soll in den nächsten Tagen anlaufen, Interessierte können sich per Mail unter Wirtz.Peter@t-online informieren.

Ein Prototyp aus Edelstahl ist im Empfangsraum der Imgenbroicher Firma bereits zu bewundern - und im Gäste-WC in der Firma an der Industriestraße in Imgenbroich auch zu benutzen. "Wir haben bereits viele Anfragen von Privatleuten und führen derzeit Verhandlungen mit einer der größten Sanitär-Firmen", sagt Wirtz.

Produziert werden soll der Mikroprozessor-gesteuerte "WC-Lift" aber auch weiterhin in Imgenbroich. Die Firmen werden die Vermarktung übernehmen, Fachmärkte sollen die neuartige Toilette vertreiben. "Auch in bestehende WC-Räume kann meine Erfindung ohne großen Aufwand eingebaut werden. Wir wollen, dass die Anlage für jeden vom Preis her erschwinglich bleibt", betont Peter Wirtz.

Der Geistesblitz zur Erfindung kam übrigens - wie nicht anders zu erwarten - auf der Toilette.

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Spaniens Strände für Behinderte zugänglicher

Spanien will Behinderten den Zugang zu den Badestränden künftig erleichtern. An 590 Stränden im ganzen Land sollen Rampen und Holzstege für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte angelegt werden, teilte Umweltminister Jaume Matas in Barcelona mit.

Die Regierung werde für das Vorhaben in den kommenden drei Jahren umgerechnet fast 50 Millionen Mark ausgeben. Außerdem sollen Parkplätze, Toiletten und Duschen für Behinderte angelegt werden. An der Planung des Vorhabens seien 240 Behindertenorganisationen beteiligt gewesen.

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Grüne gegen PID!   Kind wegen künftigen Behinderung nicht annehmen?

Berlin (dpa) - Die Grünen haben sich dafür ausgesprochen, die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) nicht zulassen. Die ehemalige Gesundheitsministerin und Grünen-Abgeordnete Andrea Fischer begründete diese Haltung am Mittwoch in der Gentechnik-Debatte des Bundestags. dpa sendet nachfolgend die wichtigten Auszüge ihrer Rede im Wortlaut:

«In der bundesgrünen Fraktion haben wir uns mit großer Mehrheit für eine Grenzziehung ausgesprochen, die sich an der Unverfügbarkeit des menschlichen Embryos für die Auswahl von Kindern sowie für die fremdnützige Forschung festmacht. Auch wenn wir eine große Mehrheit für diese Position haben, so gibt es bei uns selbstverständlich auch andere Meinungen, und vor allem, das ist selbstverständlich in einer weltanschaulich nicht gebundenen Partei wie den Grünen, auch unterschiedliche Begründungen für die jeweiligen Positionen. Es verbindet uns dabei das verfassungsrechtliche Gebot der Wahrung der Menschenwürde.

Bei der PID stehen wir vor der Frage, ob wir zulassen wollen, dass menschliche Embryonen sich nur dann zum Menschen entwickeln sollen, wenn sie nicht Träger einer bestimmten genetischen Krankheit sind. Wir verstehen die Angst der Eltern vor der Belastung für sie und das Kind, die von dieser Erkrankung ausgehen. Trotzdem wollen wir dieses Verfahren nicht zulassen. Wir wollen nicht zulassen, dass Kinder nach ihren gesundheitlichen Eigenschaften ausgewählt werden.

Diejenigen, die für dieses Verfahren sprechen, verweisen darauf, dass es heute vielfach zu Schwangerschaftsabbrüchen kommt, wenn im Verlauf der Schwangerschaft die künftigen Eltern die Information über die Behinderung ihres Kindes erhalten. Dann sei es schonender, diesen Schwangerschaftskonflikt von vorne herein zu vermeiden. Aber kann es sein, dass aus einer immer mehr um sich greifenden Praxis, ein Kind wegen seiner künftigen Behinderung nicht anzunehmen, zwangsläufig folgt, diese Praxis auch noch zu vereinfachen? Oder müssen wir nicht vielmehr andersherum fragen, warum manche Eltern nicht den Mut fassen können, ein Kind mit einer Behinderung anzunehmen?

Wir alle können doch etwas dafür tun, dass das Leben mit einem kranken oder behinderten Kind nicht so schwer ist, wie es heute den Eltern gemacht wird, und trotzdem es schwer ist, nehmen heute viele Eltern diese Herausforderung an. Sie und die anderen zu unterstützen sollte unser Anliegen sein, anstatt darum zu kämpfen, das behindertes Leben vermieden wird.

Die Praxis der pränatalen Diagnostik und die daraus oft folgenden Schwangerschaftskonflikte wollen wir in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen. Diese Praxis muss uns auch beeindrucken, wenn wir darüber sprechen, ob nicht eine Zulassung in engen Grenzen möglich sein kann.

Mit Blick auf die Erfahrungen steht zu erwarten, dass sich auch bei der PID eine Begrenzung nicht einhalten lässt, dass die Nachfrage nach diesem Verfahren steigen wird. So dass es immer selbstverständlicher sein wird, von künftigen Eltern zu verlangen, dass sie kein krankes Kind bekommen werden, ja dass sie sich sogar dafür rechtfertigen müssen, wenn sie es tun. Aber ein Kind braucht doch gerade Eltern, die es annehmen, wie es ist, die es lieben unabhängig von seiner Gestalt und seinen Fähigkeiten.»

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